Ich habe mich bei Lesarion angemeldet. Dachte mir, die Mädels da sind doch sicher ein gutes Publikum, genau meine Zielgruppe. Ich eröffne also mal einen Forenbeitrag im Bereich Literatur, um meine Kurzgeschichten zu vermarkten. Kurze Zeit später werde ich gefragt, ob ich eine längere Leseprobe veröffentlichen könnte, da die erste Leseprobe die geneigte bzw. weniger geneigte Leserin gar nicht angesprochen habe.

Was ich veröffentlicht habe, ist ein Auszug aus „Omas Zeitungen“; ich denke mir nichts dabei, dass meine Marlene darin im Frack und ich im Kleid auftrete. Foul. Ganz, ganz böses Foul. „Ich möchte mich auf den Rücken werfen, die Beine breitmachen und mich ihr auf der Stelle hingeben“, steht in dieser Geschichte. „Das sind Männerphantasien über Lesben!!!“ geht ein Aufschrei durch’s Forum. Ich muss an einen wütenden Hornissenschwarm denken. Mir wird recht unfreundlich geraten, es doch mal beim Playboy zu versuchen. Ich werde etwas ungehalten und frage eher indezent nach, ob man vielleicht einen Tipp hätte, wie lesbischer Sex zwischen meinen Protagonistinnen denn technisch und politisch korrekt abzulaufen habe, damit ich es in Zukunft mainstreamgerecht richtig umschreibe…

Sicherheitshalber hebe ich mir schon mal einen Schützengraben aus, das nächste Artilleriefeuer lässt nicht lange auf sich warten: „Du bist ein Fake!!!! Du bist nicht lesbisch, Du bist ein Mann!!!“ – aha. Ich gehe mal eben auf die Toilette und sehe nach, ob ich immer noch eine Frau bin. Hat sich nichts dran geändert. Ich überlege, ob ich vielleicht eine Kopie meiner Geburtsurkunde posten soll, zusammen mit Personalausweis und polizeilichem Führungszeugnis. Das freundlichste Feedback lautet „Das ist einfach nur peinlich“.

Weiter unten wird mir dann geraten, dass ich, da ich nicht wisse, wie man vernünftig schreibe, mal die Kurzgeschichten lesen solle, die regelmäßig im Konkursbuchverlag veröffentlicht würden. „Baby, you made my day“, denke ich, setze ein fettes Smiley und nur den einzigen Satz darunter: „Ich veröffentliche im Konkursbuchverlag…“

„Lüge!!!“ schreit es aus den Reihen der Untoten. „Warum schreibst Du dann nicht Deinen realen Namen, damit Du es beweisen kannst?“ Wie war das noch mit dem Personalausweis und so…?

Die Dame, die ich ironisch gefragt habe, wie lesbischer Sex mainstreamgerecht und politisch korrekt abzulaufen habe, meldet sich zu Wort. Sie ist schrecklich empört: Wie ich so unverschämt sein könne, von IHR Tipps zu wollen und dann mit IHREN Tipps Geld zu verdienen? Äh, Moment kurz. Ich starre das Posting an und suche vergeblich die Ironie dahinter. Sie glaubt offensichtlich ERNSTHAFT, ich hätte Tipps zum politisch korrekten Ablauf lesbischer Erotik von ihr haben wollen.

Dann fällt mal wieder mein Lieblingswort: „Heteronormativ“ – da meine Protagonistinnen heteronormative Verhaltensweisen an den Tag legen, können sie nicht lesbisch sein, wird fachmännisch (fachfraulich?) konstatiert. Ich frage noch eben nach, ob beispielsweise eine Frau mit Strap-on dann keine Frau, sondern ein Mann sei, warte die Antwort aber nicht mehr ab, sinnlos, sinnlos…

Ich kürze das Ganze ab, lösche meinen Account und verziehe mich in die Küche, um meinen Kindern einen Kuchen zu backen. Auch eine heteronormative Verhaltensweise, oder?

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